FAQ Reiserecht

FAQs zu Rechtsfragen bei Freizeit- und Reiseangeboten der Ev. Jugend von Westfalen und ihrer Untergliederungen unter Berücksichtigung corona-bedingter Besonderheiten

Stand: 01.02.2021

Bei Einhaltung der aktuell (Stand 01.02.2021) in Nordrhein-Westfalen geltenden strikten Kontaktbeschränkung im öffentlichen Raum (derzeit sind nur Treffen der Personen eines Hausstandes mit höchstens einer Person eines weiteren Hausstandes zulässig) sowie der Beförderungs-, Unterkunfts- und Aufenthaltsregelungen sind Reise- und Freizeitangebote für Gruppen durch kirchliche Gliederungen derzeit faktisch unmöglich. Hinzu kommt, dass aktuell generell Einrichtungen und Angebote der Jugendarbeit in Präsenz untersagt sind. 1
Erst bei einem Wegfall oder einer deutlichen weiteren Lockerung der Kontaktbeschränkungen und insbesondere einer Wiederzulassung von Gruppen-Busreisen (gilt auch für die Personenbeförderung in Kleinbussen) kann wieder an die Durchführung von Ferienfreizeiten und Gruppeneisen gedacht werden. Es ist durchaus damit zu rechnen, dass die aktuell geltenden Regelungen deutlich über die jeweiligen Geltungszeiträume hinaus verlängert werden; ferner sind nach wie vor die Einreisebeschränkungen anderer Länder zu beachten.
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1 Vgl. CoronaSchVO NRW §7; https://www.land.nrw/corona [Abruf 01.02.2021]

Es muss mehrfach differenziert werden, hier ein paar häufig vorkommende Situationen:

  1. Deutsches Recht gilt in der Regel für alle von einem sog. Verbraucher in Deutschland geschlossene touristischen Verträge mit in Deutschland ansässigen Unternehmen, die ihre Leistungen hier anbieten, z.B. auch im Internet. Verbraucher sind nach § 13 BGB sog. natürliche Personen, also Menschen, die als Privatpersonen weder gewerblich noch beruflich selbständig handeln. Gewerbliches Handeln liegt vor, wenn es sich um eine planmäßige auf Dauer ausgelegte Tätigkeit mit der Absicht einer Gewinnerzielung handelt. Unternehmen können nach § 14 BGB natürliche Personen (Kaufleute) oder juristische Person (Firmen wie z.B. GmbH, OHG, KG oder AG, aber auch Vereine, Gebietskörperschaften wie Städte oder Gemeinden oder öffentlich-rechtliche Körperschaften wie Kirchengemeinden, Kirchenkreise oder Jugendringe), sein. Bei ausländischen Anbietern kann, wenn dies z.B. in AGB (Allgemeinen Geschäftsbedingungen) vereinbart ist, ausländisches Recht auch dann gelten, wenn die Buchung persönlich in Deutschland möglich ist, v.a. dann, wenn die Reiseleistung auch im Ausland erbracht wird. Gleiches gilt in der Regel bei der Internetbuchung unmittelbar bei einem ausländischen Anbieter.
     
  2. Das deutsche Pauschalreiserecht (§§ 651 a ff. im Bürgerlichen Gesetzbuch, kurz: BGB) gilt dann, wenn Gegenstand der Buchung eine sog. Pauschalreise ist. Das ist, verkürzt gesagt, dann der Fall, wenn Gegenstand der Buchung ein Gesamtpaket aus mindestens zwei touristischen Hauptleistungen wie Beförderung und Unterkunft oder anderer im Einzelfall wesentlicher Nebenleistungen wie Reisebegleitung, Eintritte, Führungen etc. ist, das zu einem Gesamtpreis angeboten wird
    § 651a Vertragstypische Pflichten beim Pauschalreisevertrag

    (1) Durch den Pauschalreisevertrag wird der Unternehmer (Reiseveranstalter) verpflichtet, dem Reisenden eine Pauschalreise zu verschaffen. Der Reisende ist verpflichtet, dem Reiseveranstalter den vereinbarten Reisepreis zu zahlen.
    (2) Eine Pauschalreise ist eine Gesamtheit von mindestens zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise. …
    (3) Reiseleistungen im Sinne dieses Gesetzes sind
    1. die Beförderung von Personen,
    2. die Beherbergung, außer wenn sie Wohnzwecken dient,
    3. die Vermietung von vierrädrigen Kraftfahrzeugen …
    4. jede touristische Leistung, die nicht Reiseleistung im Sinne der Nummern 1 bis 3 ist.
    (4) Keine Pauschalreise liegt vor, wenn nur eine Art von Reiseleistung im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 1 bis 3 mit einer oder mehreren touristischen Leistungen im Sinne des Absatzes 3 Satz 1 Nummer 4 zusammengestellt wird und die touristischen Leistungen
    1. keinen erheblichen Anteil am Gesamtwert der Zusammenstellung ausmachen und weder ein wesentliches Merkmal der Zusammenstellung darstellen noch als solches beworben werden oder
    2. …

    Das Gesetz geht von einem Unternehmer als Reiseveranstalter aus; diese bieten derartige Angebote in der Regel planmäßig und nicht nur gelegentlich an.
     
  3. Auch kirchliche Gliederungen (Kirchengemeinden und Kirchenkreise), Vereine, Körperschaften des öffentlichen Rechts können Unternehmer i.S.d. Gesetzes sein, wenn sie ihre Angebote einer breiten Zielgruppe anbieten. Nur dann, wenn z.B. Vereine oder Organisationen touristische Angebote ausschließlich für ihre Mitglieder anbieten und durchführen, gilt das Pauschalreiserecht nicht. Das ist nach § 651 c Abs. 5 BGB ausnahmsweise auch dann der Fall, wenn es sich um einen sog. Gelegenheitsveranstalter handelt, der jährlich max. zwei Pauschalreisen gegenüber einem begrenzten Personenkreis ohne die Absicht der Gewinnerzielung anbietet oder wenn die Reise weniger als 24 Stunden dauert, keine Übernachtung beinhaltet und max. € 500,00 kostet.
     
  4. Die Vorschriften über Pauschalreiseverträge gelten nicht für Verträge über Reisen, wenn der Veranstalter Reisen „nur gelegentlich, nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung und nur einem begrenzten Personenkreis“ anbietet. Damit soll der sogenannte „Gelegenheitsveranstalter“ (der nach dem früheren Recht nur als Ausnahmefall bei der Reisepreisabsicherung in § 651 k Abs. 6 BGB vorkam) aus der Geltung des Pauschalreiserechts ausgenommen werden. Allerdings müssen beim Veranstalter alle oben genannten drei Kriterien gemeinsam (also nicht lediglich alternativ) vorliegen. In den allermeisten Fällen sind Veranstalter von Freizeiten im kirchlichen Kontext also Unternehmer i.S.d Gesetzes.

Das Pauschalreiserecht der §§ 651 a ff. BGB gilt nur für die Buchung und die Abwicklung von Pauschalreisen als Gesamtpaket von mindestens zwei touristischen Einzelleistungen wie oben beschrieben.
Ist Gegenstand der Buchung und später dann der Leistung des Vertragspartners nur eine Haupt-Reiseleistung oder mehrere untergeordnete touristische Leistungen, gilt das Pauschalreiserecht nicht. Es gilt dann das Recht für den sog. bestimmenden Vertragstypus, das sind meist Werkverträge (§§ 631 ff. BGB) in den Unterfällen der Beherbergungsverträge (für Übernachtungen in Hotels, Gästehäusern oder Jugendherbergen) oder der Beförderungsverträge (für Flug-, Bahn- oder Busbeförderungen) oder Mietverträge (§§ 535 ff. BGB) z.B. bei der Ferienhaus-, Boot- oder Fahrzeugmiete.
Werk- und Mietverträge haben im Vergleich zum Pauschalreiserecht ein deutlich geringeres Schutzniveau für den Vertragspartner, was sich insbesondere in ungünstigeren Regelungen für Vorauszahlungen, in eingeschränkten Rücktritts- und Kündigungsmöglichkeiten oder einer fehlenden Insolvenzabsicherung des Kunden zeigt.

Auch hier gibt es unterschiedliche Konstellationen:

  1. § 651 a BGB spricht vom „Reisenden“ als dem Vertragspartner des Unternehmers beim Abschluss eines Pauschalreisevertrages. Allerdings muss der Reisende nicht die Person sein, die die Pauschalreise selbst absolviert (das ist der Teilnehmende), er kann die Reise auch für eine andere Person oder für mehrere andere Personen buchen. Letzteres heißt, dass eine Kirchengemeinde, die im Voraus für namentlich noch nicht bekannte Reisende, bei einem Veranstalter bucht, selbst i.S.d. Gesetzes „Reisender“ ist.
     
  2. Auch muss es sich bei dem Reisenden nicht um einen Verbraucher, also eine Privatperson handeln. Der Reisende kann vielmehr selbst auch ein Unternehmer sein, damit auch eine kirchliche Gliederung, ein Verein oder eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Treffen zwei Unternehmer aufeinander, spricht man von „b2b“ (Business tot Business). In diesem Geschäftsfeld sind, da der wesentliche Grundgedanke des Verbraucherschutzes entfällt, auch andere Vertragsgestaltungen möglich, insbesondere durch AGB.
     
  3. Wenn eine kirchliche Gliederung bei einem Gruppenreiseveranstalter ein Paket für eine (meist namentlich noch nicht feststehende) Gruppe späterer Teilnehmer*innen reserviert oder bucht, kommen mehrere unterschiedliche rechtliche Konstellationen in Frage:

    Meist wird die kirchliche Gliederung gegenüber den späteren Teilnehmer*innen selbst als Reiseveranstalter auftreten, etwa in der Bewerbung des Angebots, in der eigenen Bezeichnung als Veranstalter oder weil zu dem beim Vertragspartner eingekauften Reisepaket noch wesentliche eigene Inhalte hinzugefügt werden, z.B. die Programmgestaltung vor Ort oder die persönliche Betreuung (bzw. im Falle Minderjähriger auch die Beaufsichtigung) der Teilnehmenden. Das dürfte bei den allermeisten Ferien- und Freizeitveranstaltungen kirchlicher Gliederungen der Regelfall sein.

    Es kann sich bei der kirchlichen Gliederung u.a. aber auch um einen Reisevermittler handeln, wenn dieser (ähnlich eines Reisebüros) das Gruppenreiseangebot des Veranstalters 1:1 an die späteren Teilnehmer*innen vermittelt und hierbei lediglich die Abwicklung der Korrespondenz und des Zahlungsverkehrs übernimmt.
    Und letztlich können kirchliche Gliederungen auch in sog. Stellvertretung handeln, wenn später dann der Pauschalreisevertrag in Vertretung der jeweiligen Teilnehmer*innen mit dem Veranstalter abgeschlossen wird.
    Kriterien, wer Veranstalter oder Reisevermittler ist, sind u.a. die Außendarstellung in der Bewerbung des Angebots, die Bezeichnung in den Vertragsdokumenten oder die Abwicklung der Korrespondenz und des Zahlungsverkehrs.
     
  4. Im b2b-Geschäftsverkehr können z.B. in AGB abweichende Regelungen zu den gesetzlichen Bestimmungen des Pauschalreiserechtes getroffen werden, die bei der Beteiligung von Verbrauchern aus Gründen des Verbraucherschutzes rechtlich nicht zulässig wären. Nicht selten versuchen Gruppenreiseveranstalter gegenüber den kirchlichen Gliederungen keine Pauschalreiseverträge abzuschließen bzw. einzelne Regelungen aus dem Pauschalreiserecht auszuschließen, z.B. die Möglichkeit, im Falle einer behördlichen Reisewarnung (konkret wegen der Corona-Pandemie) kostenfrei vom Pauschalreisevertrag zurücktreten zu können.
    Wegen der Vielzahl rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten kommt es ausschließlich auf den Einzelfall an! Nicht richtig ist jedoch der oftmals von den Gruppenreiseveranstaltern gegebene Hinweis, dass im b2b-Geschäftsverkehr das Pauschalreiserecht generell nicht gelten würde.

Zunächst ist auch hier zu prüfen, ob deutsches oder ausländisches Recht gilt, meist ergibt sich dies aus den Vertragsdokumenten oder den AGB, sofern der Vertragspartner solche der Buchung zugrunde legt. Bei Anwendung deutschen Rechts würde, wie oben in Ziffer 3 bereits angesprochen, das Recht für den sog. bestimmenden Vertragstypus gelten, meist handelt es sich um Werk- oder Mietverträge.

Werk- und Mietverträge haben im Vergleich zum Pauschalreiserecht ein geringeres Schutzniveau für den Vertragspartner des Unternehmers und v.a. für die Teilnehmer*innen. Das BGB enthält nur einen Mindest-Regelungsinhalt, die wesentlichen Regelungen finden sich meist in AGB, deren vorherige genaue Durchsicht dringend anzuraten ist. Anders als Reiseveranstalter lassen Anbieter touristischer Einzelleistungen (Hoteliers, Betreiber von Jugendgästehäusern, Busunternehmen, Bootsvermieter etc.) in der Regel über die vertragliche Gestaltung von Rücktrittsmöglichkeiten, Stornogebühren etc. noch im Vorfeld einer Buchung mit sich sprechen.

Der Sitz des Vertragspartners und der Ort, an dem die vertragliche Leistung zu erbringen ist, bietet ein gewisses Indiz für die Frage, welche nationale Rechtsordnung für die Vertragsbeziehung gilt. Für eine reine Unterkunftsleistung im Ausland etwa wird in aller Regel das dortige Recht gelten, was meist die verlässliche rechtliche Bewertung der Rechtsfolgen bestimmter Vorgänge (z.B. Stornierungen, Leistungsmängel) erschwert.

Diese Problematik stellt sich für Anbieter nicht nur aktuell bei einem evtl. niedrigeren Corona-Schutzniveau in anderen Regionen oder Staaten, sondern generell schon immer bei einer abweichenden Situation im Hinblick auf Fragen von Sicherheit, Sauberkeit, Gesundheit, ärztlicher Versorgung etc. Grundsätzlich können Teilnehmer*innen nicht automatisch überall auf der Welt denselben Standard erwarten wie in ihrer Heimat bzw. am Sitz des Anbieters, etwa der kirchlichen Gliederung. Übliche bekannte landestypische oder vom Anbieter ausdrücklich mitgeteilte Einschränkungen bestimmen daher den vom Veranstalter geschuldeten Art und Umfang der touristischen Leistung, diese können dann nicht zum Gegenstand von Beschwerden gemacht werden. Je massiver die Situation im Zielgebiet von der hierzulande bzw. in Nordrhein-Westfalen abweicht, desto größer ist die Informationsverpflichtung des Anbieters gegenüber seinen potenziellen Teilnehmenden.

Eine Besonderheit ergibt sich bei minderjährigen Teilnehmenden unter dem Aspekt der Übernahme der Aufsichtspflicht von den Sorgeberechtigten durch die kirchliche Gliederung. Dies führt neben der erhöhten Informationsverpflichtung zu besonderen Anstrengungen in der Betreuung vor Ort. Hier wäre zu empfehlen, dass die (den Teilnehmer*innen bekannten und von diesen eingeübten) Sicherheitsauflagen am Sitz der kirchlichen Gliederung als Maßstab angewendet werden, sofern nicht die Auflagen im Zielland oder der Zielregion strenger sind; dann sollten diese der örtlich strengere Maßstab sein. Das kann z.B. der Fall sein, wenn im Zielgebiet - etwa in Niedersachsen - aufgrund der dort geltenden Regelungen die Übernachtung in Mehrbettzimmern von Gruppenunterkünften oder das Reisen von Gruppen mit einer größeren Zahl an Teilnehmenden zulässig ist, während dies am Sitz der kirchlichen Gliederung in Nordrhein-Westfalen zur gleichen Zeit noch nicht gestattet ist.

Entsprechend wird in aller Regel bei Ferienfreizeiten Minderjähriger auch mit der Problematik des Alkoholkonsums unter Berücksichtigung unterschiedlicher nationaler Regelungen zum Jugendschutz verfahren.1
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1Vgl. Jugendschutz im Ausland: https://www.juenger-freizeitenservice.de/materialien-downloads/jugendschutz/ [Abruf 01.02.2021]

Diese Frage kann am besten anhand eines (hoffentlich nur) fiktiven Praxisbeispiels beantwortet werden: Eine Gruppe von 20 Personen aus einer Kirchengemeinde in NRW möchte in den Sommerferien 2021 mit dem Zug in ein Selbstversorgerhaus am Chiemsee in Bayern fahren. In NRW sind zu diesem Zeitpunkt aber nur Gruppenaktivitäten von bis zu 15 Personen zulässig, in allen anderen Bundesländern sind mindestens 20 Personen erlaubt. In Bayern ist eine maximale Gruppengröße von 25 Personen gestattet, allerdings müssen hier in öffentlichen Verkehrsmitteln (anders als in den anderen Bundesländern) nur FFP2-Masken getragen werden. Der Vermieter des Selbstversorgerhauses hat in seinem Schutz- bzw. Hygienekonzept für das Haus zusätzlich geregelt, dass bei mehr als zehn Personen im Haus einfache Gesichtsmasken in den Aufenthaltsräumen zu tragen sind und ein Mindestabstand von 1,5 Metern beim Essen eingehalten werden muss.

Frage:  Was ist nun für die Gruppe bindend bzw. was ist nachrangig? Das Schutzkonzept des Hauses? Die Corona-Regelungen in NRW? Oder die bayerischen Vorschriften?
Antwort: Alle angesprochenen Regelungen gelten, allerdings nur beschränkt auf ihren Geltungsbereich:

  • Die geplante Gruppenaktivität ist in NRW so nicht zulässig, da die maximale Teilnehmerzahl überschritten wird. Organisatorisch kann das so gelöst werden, dass die komplette Gruppe vor dem Verlassen des Bundeslandes nicht zusammentrifft, sondern auch im Zug (zunächst) getrennt reist. Mit dem Verlassen von NRW entfällt diese Regelung und es kann bis zum Zielort gemeinsam gereist werden.
  • Mit der Einreise nach Bayern gilt dann die dortige Regelung zum Tragen von FFP2-Masken in den Zügen sowie in sonstigen öffentlichen Verkehrsmitteln.
  • Im Selbstversorgerhaus gilt dann zusätzlich zu den bayerischen Regelungen die Hausordnung des Vermieters etwa zum Tragen von Gesichtsmasken und zum Mindestabstand beim Essen.

Nein, kein Vertragspartner ist zu einer Stornierung (Rücktritt) verpflichtet. Es kann nur in bestimmten Situationen sehr sinnvoll sein, dies zu tun, etwa um sich aus einem nachteilig gewordenen Vertragsverhältnis zu lösen und um das Risiko von Schadenersatzansprüchen des Vertragspartners zu minimieren, wenn ein touristisches Angebot zu spät storniert wird. Auch Regelungen in AGB, die zu bestimmten Zeitpunkten teilweise massiv ansteigende Stornogebühren im Fall eines Rücktritts vorsehen (sog. Stornostaffeln), können der Grund für eine Stornierung sein. Grundsätzlich empfiehlt sich ein Rücktritt für die kirchliche Gliederung in jedem Fall dann, wenn sie weiß, dass sie die gebuchte Leistung nicht wird in Anspruch nehmen können, etwa wegen einer zu geringeren Teilnehmendenzahl oder weil sie aus sonstigen Gründen Bedenken hat, die Reise anzutreten. Je früher dies geschieht, je geringer in der Regel die möglichen Stornogebühren. Das kann in der aktuellen „Corona-Situation“ u.a. dann der Fall sein, wenn - obwohl die Reise aus rechtlichen Gründen möglich wäre - Bedenken gegen eine sichere und unbeschwerte Durchführung des Angebots bestehen. Gegenüber den Teilnehmenden ist ein Rücktritt dann anzuraten, wenn klar ist, dass das gebuchte Angebot vom Gruppenreiseveranstalter oder von der kirchlichen Gliederung nicht erbracht werden kann. Storniert die kirchliche Gliederung ihrerseits den Vertrag beim Reiseanbieter, so sind auch die möglichen Stornogebühren von der kirchlichen Gliederung zunächst zu 100% zu tragen. Eine anteilige Weitergabe an die Teilnehmenden ist nicht statthaft, diese bekommen die bereits an die kirchliche Gliederung gezahlten Beträge vollumfänglich zurückerstattet. Ob anteilige Stornogebühren über öffentliche Zuschussmittel (z.B. Landesmittel der aej-NRW, kommunale Fördermittel der Jugendämter etc.) abgerechnet werden können, ist im Einzelfall zu prüfen.

Grundsätzlich gilt nach deutscher Rechtslage: Jedem Vertragspartner steht jederzeit das Recht zu, sich aus einem Pauschalreisevertrag oder auch einem Vertrag über bestimmte touristische Einzelleistungen, z.B. Unterkunft, Beförderung etc., zu lösen (zunächst erstmal losgelöst von den Gründen, die zur Stornierung geführt haben).

Geschieht die Stornierung aufgrund der COVID-19 Pandemie, ist die Sachlage wie folgt:

Die Problematik liegt in den rechtlichen Konsequenzen, die ein solcher Rücktritt für die kirchliche Gliederung hat.

Während das Pauschalreiserecht mit dem Begriff der „unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände“ in § 651 h Abs. 3 BGB (früher hieß das „höhere Gewalt“) die Situation einigermaßen verständlich beschreibt, gilt im Werk- und Mietvertragsrecht der sperrigere Begriff der „Unmöglichkeit der Leistungserbringung“. Dieser beschreibt den Umstand, dass eine Vertragspartei die ihr obliegende Leistung (hier z.B. der Busunternehmer die vereinbarte Beförderung der Reisegruppen, der Betreiber eines Jugendgästehauses die Zurverfügungstellung von Unterkunfts- und Gruppenräumen, der Bootsvermieter die Bereitstellung des vereinbarten Bootes) nicht erbringen kann. Die Gründe für die Unmöglichkeit können im Einzelfall eine Rolle für die weiteren gegenseitigen Ansprüche darstellen, also ob die gebuchte Gruppenunterkunft wegen einer Überbuchung des Hauses, eines Wasserschadens oder einer corona-bedingten behördlichen Einschränkung nicht zur Verfügung steht.

Im Pauschalreiserecht regelt dies sowie weitere Konstellationen eines Rücktritts vor Reisebeginn § 651 h Abs. 1 BGB:

§ 651h BGB, Rücktritt vor Reisebeginn
(1) Vor Reisebeginn kann der Reisende jederzeit vom Vertrag zurücktreten. Tritt der Reisende vom Vertrag zurück, verliert der Reiseveranstalter den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Der Reiseveranstalter kann jedoch eine angemessene Entschädigung verlangen.
(2) ...
(3) Abweichend von Absatz 1 Satz 3 kann der Reiseveranstalter keine Entschädigung verlangen, wenn am Bestimmungsort oder in dessen unmittelbarer Nähe unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände auftreten, die die Durchführung der Pauschalreise oder die Beförderung von Personen an den Bestimmungsort erheblich beeinträchtigen. Umstände sind unvermeidbar und außergewöhnlich im Sinne dieses Untertitels, wenn sie nicht der Kontrolle der Partei unterliegen, die sich hierauf beruft, und sich ihre Folgen auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Vorkehrungen getroffen worden wären.
(4) Der Reiseveranstalter kann vor Reisebeginn in den folgenden Fällen vom Vertrag zurücktreten:
1. für die Pauschalreise haben sich weniger Personen als die im Vertrag angegebene Mindestteilnehmerzahl angemeldet; 
2. der Reiseveranstalter ist aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände an der Erfüllung des Vertrags gehindert; in diesem Fall hat er den Rücktritt unverzüglich nach Kenntnis von dem Rücktrittsgrund zu erklären.
Tritt der Reiseveranstalter vom Vertrag zurück, verliert er den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis.
(5) …

Im Werkvertragsrecht regelt vergleichbares § 648 BGB:

§ 648 Kündigungsrecht des Bestellers
Der Besteller kann bis zur Vollendung des Werkes jederzeit den Vertrag kündigen. Kündigt der Besteller, so ist der Unternehmer berechtigt, die vereinbarte Vergütung zu verlangen; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Aufhebung des Vertrags an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Es wird vermutet, dass danach dem Unternehmer 5 vom Hundert, der auf den noch nicht erbrachten Teil der Werkleistung entfallenden vereinbarten Vergütung zustehen.

Im Regelfall, also sofern nicht besondere Situationen vorliegen, kann der Reise- oder Touristikveranstalter schon nach der gesetzlichen Regelung eine im Einzelfall nennenswerte Entschädigung, für die von ihm bereits erbrachten Leistungen verlangen. Diese berechnet sich anhand des vereinbarten Preises abzüglich möglicher Ersparnisse, die der Veranstalter durch die frühzeitige Beendigung des Vertragsverhältnisses bzw. durch die anderweitige Verwendung der frei gewordenen Kapazitäten erzielt; z.B. das Nachrücken von Personen von einer Warteliste etc.

Aus diesem Grund ist es für die kirchliche Gliederung sicher immer sinnvoll, mit dem Vertragspartner vor einem Rücktritt die Situation zu besprechen und eine einvernehmliche Vertragsauflösung zu günstigeren Konditionen (z.B. Gutschrift der Stornogebühr oder Anzahlung für eine spätere Buchung, Kulanzerstattung etc.) zu verhandeln.

Möglich sind Konstellationen, in denen dem in- oder ausländischen Vertragspartner seine Leistung zwar wieder möglich ist, da dort Beherbergungsbetriebe wieder geöffnet haben dürfen oder die Vermietung von Booten (z.B. Segelfreizeit in den Niederlanden) wieder zulässig ist, wo allerdings die kirchliche Gliederung diese Leistung nicht oder nicht vollständig in Anspruch nehmen kann.

Das kann der Fall sein, weil wegen der Kontaktbeschränkungen für Personen außerhalb von Hausständen die Unterkunft (z.B. ein Jugendgästehaus) oder ein Boot nicht mit der gebuchten Anzahl an Plätzen belegt werden darf.

Im Reisevertragsrecht, also wenn zusätzlich zur Unterkunft oder der Bootsmiete noch weitere erhebliche touristische Nebenleistungen gebucht werden, kann die nur teilweise Nutzungsmöglichkeit der angebotenen Leistung die Möglichkeit der kostenfreien Stornierung nach § 651 h Abs. 3 BGB auslösen. Das gilt allerdings nur dann, wenn sich die kirchliche Gliederung auf Umstände berufen kann, die tatsächlich auch am Zielort gelten. Behördliche Anordnungen nur am Sitz der kirchlichen Gliederung, die für den in- oder ausländischen Ort der Leistungserbringung nicht gelten, stellen keinen derartigen Umstand dar (vgl. hierzu auch Ziffer 7).

Noch geringer sind die Möglichkeiten, sich erfolgreich auf die Unmöglichkeit der Erbringung touristischer Einzelleistungen (z.B. Unterkunft, Vermietung von Booten) berufen zu können, denn hier sind - wie dargestellt - die Anforderungen deutlich höher, zudem besteht im Regelfall ein Entschädigungsanspruch des Anbieters. In einem konkreten Fall könnte z.B. die Jugendgruppe einer Kirchengemeinde zwar das gebuchte Wochenende in einem Jugendübernachtungshaus wahrnehmen (regelkonforme Anreise und Unterbringung vorausgesetzt), darf dort aber wegen der Abstands- und Kontaktregelungen keinerlei Spiele, Tanz etc. durchführen, weshalb die Buchung storniert werden soll. Hier ist es das alleinige Risiko der Kirchengemeinde, dass die grundsätzlich mögliche vollständige Nutzung der Unterkunft allein aus Gründen unmöglich wird, die in der konkreten eigenen Nutzungsvorstellung liegen. Das wäre vergleichbar der Konstellation, dass sich eine kirchliche Gliederung allein deshalb zur Stornierung entschließt, weil das Wetter während der geplanten Nutzung ungünstig vorhergesagt ist und daher das geplante Programm nicht oder nur mit Einschränkungen realisiert werden kann.

Diejenige Partei, die sich vom Vertrag löst, nimmt der anderen Vertragspartei die Möglichkeit, die vertragliche Leistung in Anspruch zu nehmen.

Dies löst in der Regel Erstattungsansprüche bereits erfolgter Zahlungen und ggf. auch Schadenersatzansprüche der vertragstreuen Partei aus.

Darum kann es in der aktuellen Situation unklarer Reisemöglichkeiten für die kirchliche Gliederung im jeweiligen Einzelfall aus rein finanzieller Sicht sinnvoll sein, die „Nerven zu behalten“ und einen Vertrag über eine Pauschalreise oder eine touristische Einzelleistung nicht selbst zu stornieren, sondern auf die Stornierung durch den Veranstalter zu warten, der zu einem bestimmten Zeitpunkt weiß, dass er seine Leistung nicht wird erbringen können.

Abzuwarten kann allerdings auch teuer werden. Je näher der Freizeittermin rückt, umso höher sind in der Regel die prozentualen Ausfallkosten, die ein Freizeit-Veranstalter zu zahlen hat, sollte er doch seinerseits die Freizeitmaßnahme absagen wollen. Tritt der Fall des „Nichterbringenkönnens“ dann also doch nicht ein und die kirchliche Untergliederung storniert dann wegen entsprechender Sicherheitsbedenken ihrerseits, sind die Stornogebühren entsprechend hoch! Es ist also in jedem Fall geboten, die gültigen AGBs der abgeschlossenen Verträge im Blick zu behalten bzw. besser schon im Vorfeld bei der Buchung dafür zu sorgen, dass günstige Stornokonditionen ausgehandelt werden; die Anbieter sind hierzu aktuell deutlich eher bereit als in früheren Jahren.

Auch kann es Sinn machen innerhalb der jeweiligen Gliederungen (Kirchenkreise) über die Installierung eines „Rettungsschirms in Form einer Sonderhaushaltsstelle“ in den Kreissynodalvorständen zu beraten.

Betrachtet man die Sachlage nicht nur mit der finanziellen Brille, muss man sagen, dass das Spekulieren auf eine bestehende Reisewarnung bzw. auf ein Reiseverbot katastrophale Auswirkungen auf die Touristikbranche hat. Gruppenreiseveranstalter/ Anbieter von Häusern & Camps/ Busunternehmen etc. befinden sich seit Monaten in einer angespannten Finanzsituation. Der größte Teil der Oster-, Sommer- und Herbstmaßnahmen 2020 wurde storniert, Klassenfahrten durften und dürfen auch weiterhin nicht stattfinden. Da letztendlich sowohl Gruppenreiseanbieter als auch kirchliche Gliederungen „in einem Boot sitzen“ und perspektivisch gemeinsam in den kommenden Jahren das Handlungsfeld Freizeiten weiter erfolgreich bestreiten und gestalten wollen, sollte der Aspekt der Solidarität zumindest bedacht werden. Am Ende sind auch die kirchlichen Gliederungen zukünftig von den attraktiven Angeboten der Gruppenreiseanbieter und deren weiterer Existenz abhängig.

Neben Stornieren kann eine andere Option sein, zunächst gemeinsam mit den Unternehmen zu prüfen, ob eine Umbuchung auf einen anderen Zeitpunkt miteinander vereinbart werden kann, evtl. kann auch ein „Gutschein“ für beide Vertragsparteien attraktiv sein.1

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1
Vgl. Orientierungshilfe_AfJ-EKvW_Sommerfreizeiten-und-Corona_23.04.2020

Im Pauschalreiserecht stellt eine Reisewarnung einen sog. „unvermeidbaren außergewöhnlichen Umstand“ im Sinne des § 651 h Abs. 3 BGB dar, der den Reisenden zu einem Rücktritt berechtigt, ohne dass der Veranstalter eine Entschädigung verlangen kann.

Diese Möglichkeit gilt derzeit für die allermeisten touristischen Buchungen in das Ausland (Reisewarnungen gelten nicht für touristische Aufenthalte im Inland). Anders als noch bis Mitte des Jahres 2020, gelten derzeit länderspezifische Reisewarnungen und Reisehinweise, die auf der Homepage des Auswärtigen Amtes veröffentlicht und regelmäßig der Pandemielage in den jeweiligen Ländern angepasst werden.

Über diesen Zeitpunkt hinaus kann sich der Reiseveranstalter derzeit auf den Standpunkt stellen, dass zumindest nach deutscher Rechtslage, für die vereinbarte Leistung kein besonderes Hindernis besteht. Anders ist es jedoch, wenn die vereinbarte Leistung wegen rechtlicher Hindernisse der Zielstaaten oder der Zielregion nicht erbracht werden kann, etwa weil dort Einreise- oder Touristikbeschränkungen bestehen, wie derzeit z.B. in vielen europäischen Nachbarstaaten. Je nach dem, wann und in welches Land die Reise gehen soll, kann es für die kirchliche Gliederung also sinnvoll sein, diese noch nicht selbst zu stornieren, sondern dies dem Veranstalter zu überlassen oder zu spekulieren, dass die Reisewarnung für den betreffenden Staat verlängert wird. (Vgl. Ziffer 11)

Die im Werkvertragsrecht entsprechenden Vorschriften des § 346 BGB für den Rücktritt und § 648 BGB für die Kündigung enthalten – damit zeigt sich z.B. ein wesentlicher Unterschied dieser beiden Rechtsbereiche – kein besonderes Recht des Vertragspartners, bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände am Reiseziel von der Buchung kostenfrei zurückzutreten. Ein Rücktritt vor Beginn der Leistungserbringung ist in der Regel nur zulässig, wenn dieser vertraglich vorbehalten wurde oder wenn besondere gesetzliche Gründe vorliegen.
Es existiert in der Praxis (lediglich) für beide Parteien die Möglichkeit, nach § 648 a BGB den Vertrag beim Vorliegen wichtiger Gründe zu kündigen:

§ 648a Kündigung aus wichtigem Grund
(1) Beide Vertragsparteien können den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur Fertigstellung des Werks nicht zugemutet werden kann.
(5) Kündigt eine Vertragspartei aus wichtigem Grund, ist der Unternehmer nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf den bis zur Kündigung erbrachten Teil des Werks entfällt.

Ein wichtiger Grund im Sinn des Abs. 1 sind die von § 651 h Abs. 1 BGB erfassten Konstellationen besonderer außergewöhnlicher Umstände am Reiseziel (vgl. Ziffer 14).

In solchen Fällen kann im Werkvertragsrecht aber auch der Unternehmer, der bei Vorliegen solcher Gründe kündigt, nach § 648a Abs. 5 BGB eine Entschädigung verlangen, die dem Wert seiner Leistung bis zur Kündigung entspricht. Das sind diejenigen Kosten, die dem Unternehmer bereits mit der Erbringung der Leistung entstanden sind, z.B. in der Praxis eher geringe Verwaltungs- und Personalkosten für die Bearbeitung der Buchung, die Beschaffung von Visa etc. Nicht davon umfasst sind der kalkulatorische Unternehmergewinn.

Seit dem 1. Oktober 2020 gelten differenzierte Reise- und Sicherheitshinweise bzw. Reisewarnungen für einzelne Länder; bis dahin bestand eine pauschale Reisewarnung für alle außereuropäischen Länder, bis zum 14.06.2020 sogar eine weltweite Reisewarnung.

Die Liste der Länder bzw. Regionen, für die das Auswärtige Amt eine Reisewarnung ausspricht, orientiert sich an der Einstufung eines Landes oder von Regionen innerhalb eines Landes als Risikogebiet (seit dem 14.01.2021 zusätzlich noch: Hochrisikogebiet oder sog. Virusvarianten-Gebiet) durch das Robert-Koch-Institut.1 Diese Bewertung wird regelmäßig anhand der Entwicklung des Infektionsgeschehens überprüft und angepasst.

Derzeit kann nicht abgesehen werden, wann sich für welche Länder Änderungen ergeben können, so dass internationale touristische Reiseangebote wieder realistisch geplant und angeboten werden können.

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1 Vgl. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete_neu.html;jsessionid=D49128E504EF53FD69DBC5A21497DFB3.internet081?nn=13490888 [Abruf 01.02.2021]

Die Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes sind gerichtlich anerkannte Gründe für das Vorliegen von unvermeidbaren außergewöhnlichen Umständen im Sinne des § 651 h Abs. 3 BGB. Dabei muss die Reisewarnung nicht immer für einen gesamten Staat gelten, es reicht auch aus, dass diese Umstände nur in der Zielregion des Aufenthaltes vorliegen, etwa weil nur dort gesundheitliche Risiken herrschen, weil nur dort politische oder religiöse Unruhen, angekündigte umfassendere Streiks stattfinden, ein Anschlagsrisiko herrscht oder weil nur dort Unwetter auftreten (häufig: Tornados in der Karibik und in Florida).

Diese genannten exemplarischen Umstände stellen aber bereits dann unvermeidbare außergewöhnliche Umstände dar, wenn sie auftreten, eine Berücksichtigung in den Reisewarnungen ist nicht erforderlich. Allerdings ist dann die Beweisführung deutlich erschwert, wenn sich der Veranstalter auf den Standpunkt stellt, dass die Sache nicht so dramatisch ist, wie es möglicherweise in den Medien berichtet wird oder dass die geschildeten Umstände nicht das konkrete Reisegebiet betreffen.

Die Antwort ist umstritten, scheint aus rechtlicher Sicht allerdings klar.

Wenn die kirchliche Gliederung eine Buchung storniert, wird das Vertragsverhältnis (Pauschalreisevertrag, Werk- oder Mietvertrag) dadurch einseitig aufgelöst und es treten die damit verbundenen gesetzlichen oder vertraglich vereinbarten Rechtsfolgen ein. Im Pauschalreiserecht ist das die Möglichkeit des Reiseveranstalters, nach § 651 h Abs. 1 BGB eine „angemessene Entschädigung“ zu verlangen, meist im Umfang einer vorher in AGB vereinbarten zeitlich gestaffelten Stornogebühr, im Werkvertrag regelt vergleichbares § 648a BGB, der allerdings keine Möglichkeit des Kunden vorsieht, sich in bestimmten Konstellationen kostenfrei vom Vertrag zu lösen.

Wenn der Rücktritt nun zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem für das Reisedatum keine Möglichkeit einer kostenfreien Stornierung wegen unvermeidbarer außergewöhnlicher Umständen im Sinne des § 651 h Abs. 3 BGB besteht, wird der Veranstalter – sofern keine einvernehmliche andere Lösung erzielt werden kann – eine Entschädigung (Stornogebühr) nach Abs. 1 berechnen. Je näher der Rücktritt am Reisedatum liegt, desto höher wird dieser Betrag sein, denn es wird dem Veranstalter kurzfristig eher nicht mehr möglich sein, die freigewordenen Plätze anderweitig zu vermarkten oder seinerseits Beförderungs- und Unterkunftskapazitäten bei den Beförderungs- und Beherbergungsunternehmen kostengünstig zu stornieren. Mit der Berechnung (und Bezahlung) dieser Entschädigung ist das stornierte Vertragsverhältnis dann abgewickelt und es bestehen danach keine beidseitigen Ansprüche mehr.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband vertritt diese Auffassung: „Diejenigen, die frühzeitig unter Hinweis auf den Coronavirus stornieren oder bereits storniert haben, sollten unserer Ansicht nach Stornierungsgebühren zurück erhalten, wenn zum Reisezeitpunkt immer noch eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts gilt und/oder dann andere Indizien für einen unabwendbaren, außergewöhnlichen Umstand vorliegen. Es ist aber nicht gesagt, dass Ihr Reiseveranstalter das auch so sieht. Darum kann es zu Streit darüber kommen.“1 Das klingt aus Sicht von Verbrauchern wünschenswert, dürfte sich in der Praxis nach meiner Einschätzung aber nicht durchsetzen lassen.

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1 Vgl. www.verbraucherzentrale.de/aktuelle-meldungen/reise-mobilitaet/unterwegs-sein/weltweite-coronareisewarnung-pauschalreisen-kostenlos-stornierbar-43991 [Abruf 01.02.2021]

Grundsätzlich ja, sofern die gebuchte Leistung (Pauschalreise oder touristische Einzelleistung) vom Veranstalter noch erbracht werden kann bzw. die kirchliche Gliederung noch nicht vom Recht zur kostenfreien Stornierung nach § 651 h Abs. 3 BGB Gebrauch gemacht hat und sofern Anzahlungen oder Restzahlungen nach den Vereinbarungen fällig sind. Allerdings kann es für die kirchliche Gliederung riskant sein, bei unsicherer Lage, insbesondere bei einer sich bereits abzeichnenden Gefährdung oder Unmöglichkeit der Leistungserbringung, Zahlungen zu leisten, denen man dann später hinterherlaufen muss, um sie vom Veranstalter zurück zu erhalten (evtl. sogar die Insolvenz des Veranstalters). In diesem Fall bietet die sog. „Unsicherheitseinrede“ des § 321 Abs. 1 BGB

§ 321 Unsicherheitseinrede
(1) Wer aus einem gegenseitigen Vertrag vorzuleisten verpflichtet ist, kann die ihm obliegende Leistung verweigern, wenn nach Abschluss des Vertrags erkennbar wird, dass sein Anspruch auf die Gegenleistung durch mangelnde Leistungsfähigkeit des anderen Teils gefährdet wird. Das Leistungsverweigerungsrecht entfällt, wenn die Gegenleistung bewirkt oder Sicherheit für sie geleistet wird.
(2) …

die Möglichkeit, Zahlungen zu verweigern. In der Praxis kann es allerdings Streit zwischen den Vertragspartnern geben, ob tatsächlich erkennbare konkrete Anhaltspunkte für eine Gefährdung der Leistungsfähigkeit des Veranstalters vorliegen. Der Veranstalter kann damit drohen, im Falle einer unberechtigten Zahlungsverweigerung seinerseits vom Vertrag zurück zu treten. Eine konkrete Empfehlung, wie sich die kirchliche Gliederung hier verhalten soll, kann nur im Einzelfall abgegeben werden.

Der Reiseveranstalter ist im Falle einer berechtigten Stornierung verpflichtet, den bezahlten Reisepreis vollständig zurück zu erstatten. Die Bundesregierung hatte zum Schutz der Touristikbranche zwar geplant, eine sog. Gutscheinlösung einzuführen, die es den Reiseveranstaltern ermöglicht hätte, alternativ Reisegutscheine auszugeben. Diese Alternative hätte, da sie vom Inhalt der EU-Pauschalreiserichtlinie abgewichen wäre, allerdings die Zustimmung der EU-Kommission erfordert, die das abgelehnt hat.

Gleichwohl versuchen Reiseveranstalter natürlich, ihren Kunden Reisegutscheine anzubieten. Darauf können (und sollten) die kirchlichen Gliederungen eingehen, wenn sich dies etwa wegen der evtl. langjährigen guten Geschäftsbeziehung und dem Wunsch, nach Beendigung der Einschränkungen dort wieder zu buchen, anbietet. Im Einzelfall besteht auch das Risiko, dass Veranstalter insolvent gehen können, wenn sie den Erstattungsansprüchen ihrer Kunden nicht mehr nachkommen können. Auf ein Gutscheinangebot eingehen muss man im Pauschalreiserecht aber nicht.

Anders stellt sich die Rechtslage im Werk- oder Mietvertragsrecht dar, denn hier kann die kirchliche Gliederung u.U. nicht den vollständigen Reisepreis zurückverlangen. Auch besteht in b2b-Vertragsbeziehungen (zwischen Unternehmen) die Möglichkeit, abweichende Regelungen für den Fall von Rücktritten und Kündigungen durch beide Parteien zu treffen. Hier kann es zur Vermeidung dann ersatzlos verfallender Zahlungen im Einzelfall sehr ratsam sein, auf faire und angemessene Gutscheinangebote einzugehen.

Das hängt vom jeweiligen Einzelfall ab, konkret erstens davon, ob überhaupt bzw. in welcher Höhe beim Rücktritt von einer Buchung durch die kirchliche Gliederung ersatzlos verfallende Stornogebühren entstehen würden. Kann sich die kirchliche Gliederung auf einen besonderen Rücktrittsgrund (§§ 648a BGB oder § 651 h Abs. 3 BGB) berufen oder sprechen Gründe für die Unwirksamkeit einzelner Regelungen in den AGB der Veranstalter, sollten nur Gutscheine akzeptiert werden, deren Wert mindestens der Zahlung entspricht, die beim Veranstalter verbleibt. Im Einzelfall kann es sogar möglich sein, einen höheren Gutscheinwert zu vereinbaren, da dies umgekehrt dem Veranstalter die derzeit dringend benötigte Liquidität sichert und ihm zusätzlich die Sicherheit gibt, dass der Gutschein für künftige Buchungen verwendet wird.

Würde die kirchliche Gliederung im Falle eines eigenen Rücktritts allerdings Stornogebühren bezahlen müssen, die dann verloren wären, kann es ratsam sein, auch Gutscheine zu akzeptieren, deren Wert unterhalb des Betrages der Stornogebühr liegen, um hier überhaupt noch Zahlungen zu „retten“.

Hierfür gilt sinngemäß alles oben zum Verhältnis der kirchlichen Gliederungen zu den Veranstaltern bereits Ausgeführte. Für die Möglichkeit und v.a. für die Rechtsfolgen einer Stornierung (v.a. für die Berechtigung der kirchlichen Gliederung, Stornogebühren verlangen zu können) spielt es insbesondere eine Rolle, ob es sich bei dem Vertragsverhältnis zwischen der kirchlichen Gliederung und den Teilnehmer*innen um Pauschalreiseverträge1 oder Werkverträge handelt und ob die kirchliche Gliederung von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, in zulässiger Weise in Reise- oder Teilnahmebedingungen2 pauschale Stornogebühren zu vereinbaren. Diese Vertragsverhältnisse werden nahezu ausnahmslos dem deutschen Recht unterliegen und es spielt keine Rolle, ob die Angebote im In- oder Ausland stattfinden. Bei berechtigter Stornierung (z.B. gemäß § 651 h Abs. 3 BGB) können Gutscheine angeboten werden, die betreffenden Teilnehmer*innen bzw. deren Sorgeberechtigte sind aber nicht verpflichtet, darauf einzugehen.

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1 Veranstalter einer Pauschalreise ist jeder, der mindestens zwei verschiedene Reiseleistungen zu einem Paket kombiniert wobei die touristische Hauptleistung 25 % Preisanteil haben muss. Damit sind in den allermeisten Fällen kirchliche Untergliederungen als Veranstalter von Kinder- und Jugendfreizeiten nach dem Gesetz Anbieter von „Pauschalreisen“.

2 Vgl. Aktualisierte Teilnahmebedingungen für Kinder- und Jugendfreizeiten (ab 01.11.2020)

Ja, das ist möglich, es lohnt sich aber, bei den Angeboten der Versicherer bzw. bei den Versicherungsbedingungen genau hinzuschauen. Viele Reiseversicherer haben ihre Reiserücktrittspolicen angepasst, was im Einzelfall aber auch bedeuten kann, dass Leistungen gerade im Fall von Epidemien oder Pandemien ausgeschlossen sind. Einige Versicherer haben neue Angebote für Reisende oder Veranstalter auf den Markt gebracht, die entstehende Stornokosten konkret in diesem Fall versichern. Für Veranstalter sind diese Policen wegen der teilweise hohen abzusichernden Beträge und der derzeit völlig unklaren Situation auf dem Touristikmarkt aber sehr teuer.

Das hängt von mehreren Faktoren ab. Klar ist, dass jede*r Teilnehmende freiwillig einen solchen Test absolvieren kann. Bei Minderjährigen muss hierfür allerdings vorher die Einwilligung der Sorgeberechtigten eingeholt werden; da diese vom Veranstalter im Zweifel nachgewiesen werden muss, ist zu empfehlen, diese schriftlich bzw. mindestens in Textform (Mail, SMS, WhatsApp etc.) einzufordern.

Fraglich ist, ob Teilnehmende vom Veranstalter zur Durchführung eines Tests verpflichtet werden können bzw. ob Teilnehmende, die einen Test verweigern, von der Fahrt ausgeschlossen werden können und was in diesem Fall mit dem bereits bezahlten Teilnahmebeitrag geschieht. Zunächst: Ein Reiseveranstalter kann seine Reisenden nicht zur Durchführung von Corona-Tests verpflichten; dies kann nur durch staatliche Stellen, wie z.B. Gesundheitsämter aufgrund einer gesetzlichen Verpflichtung geschehen, die ggf. mit Zwangsmitteln wie Ordnungs- oder Bußgelder erzwungen werden kann. Wenn der Veranstalter die Verpflichtung der Teilnehmenden, entweder vor der Abfahrt einen negativen Corona-Test vorzulegen oder die Durchführung eines Schnelltests zur Teilnahme an der Fahrt in den Teilnahmebedingungen oder individuellen Vereinbarungen geregelt hat, kann er Teilnehmende, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen, von der Fahrt ausschließen, ohne dass diese einen Anspruch auf Rückerstattung des Teilnehmerbeitrages haben. Das dürfte auch gelten, wenn eine solche Verpflichtung nicht durch den Veranstalter aufgestellt wird, sondern von den Behörden des Zielstaates oder der Region, in die die Fahrt führen soll, angeordnet wurde. Wenn ein Test aber ohne eine solche Rechtfertigung vom Veranstalter spontan und einseitig (ohne vorherige Vereinbarung) verlangt wird, wird sich der Teilnehmende auf den Standpunkt stellen können, dass er hierzu nicht verpflichtet ist und ihm für den Fall, dass er vom Veranstalter von der Fahrt ausgeschlossen wird, der Teilnahmebeitrag zurück zu erstatten ist. Ob der Veranstalter dem Teilnehmenden erfolgreich entgegenhalten kann, dass ein Corona-Test nur einen geringen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht und die körperliche Integrität darstellt, der Sicherheit aller Teilnehmenden dient und daher unter den gegebenen Umständen zumutbar ist, wird die Praxis zeigen.

Die Kosten für einen solchen Test trägt nach Auffassung des Verfassers der/die Teilnehmende selbst, wenn die Testverpflichtung entweder von staatlichen Behörden angeordnet oder im Vorfeld zwischen dem Veranstalter und dem/der Teilnehmenden als Teilnahmevoraussetzung vereinbart wurde. Wenn aber der/die Teilnehmende der Testverpflichtung nicht zugestimmt hat bzw. von dieser überrascht wird, kann er verlangen, dass der Veranstalter die Kosten hierfür übernimmt.

Jenseits der juristischen Frage sollten Veranstalter die Frage der Aussagekraft solcher Test erörtern. Besteht für die Reisegruppe nach sog. Schnelltests wirklich „Sicherheit“ oder handelt es sich nicht eher um eine „Schein-Sicherheit“ und verleitet ggfs. zu einem eher lockeren Umgang mit dennoch vorgeschriebenen Abstands- und Hygieneregeln?

Die Rechtslage ist sehr ähnlich zur verpflichtenden Durchführung von Corona-Tests vor Beginn der Freizeit. Grundsätzlich kann der Veranstalter sachlich begründete Gesundheitsnachweise bei den Teilnehmenden zur Voraussetzung der Teilnahme oder an einzelnen Aktivitäten der Freizeit machen, z.B. ein medizinisches Attest bei einem Tauch- oder Hochgebirgsangebot, einen Malaria-Impfnachweis bei einer Tropenreise oder – im Bereich von Jugendferienfreizeiten – einer Schwimmerlaubnis1 der Sorgeberechtigten zur Teilnahme an Schwimm- oder Wassersportveranstaltungen. Eine nachgewiesene Impfung gegen Corona dient sicher dem Gesundheitsschutz aller Teilnehmenden und erlaubt frühzeitig bestimmte Gruppenaktivitäten, die ohne diese Sicherheit noch nicht möglich wären.

Einen Unterschied würde ich allerdings darin sehen, dass eine Impfung (anders als ein Corona-Test) einen erheblichen Eingriff in die körperliche Integrität der/des Teilnehmenden darstellt. Wenn also der Nachweis einer Impfung nicht vereinbart, sondern einseitig vom Veranstalter verlangt wird, dürfte es sich um eine wesentliche Änderung der Reiseleistung der/des Reisenden/Teilnehmenden handeln. Diese/r kann dann von der Fahrt zurücktreten und die Erstattung des Teilnahmebeitrags verlangen.

Derzeit wird die Einführung eines EU-weit gültigen Europäischen Impfausweises diskutiert, der für die/den Inhaber*in einen in allen Staaten anerkannten Nachweis einer Corona-Impfung ermöglicht. Es bleibt abzuwarten, ob manche EU-Staaten die Vorlage dieses Dokumentes zur Voraussetzung für einen Grenzübertritt machen.

Jenseits der juristischen Frage sollten Veranstalter auch die ethische Frage der „Haltung“ und das Thema „Sonderrechte für geimpfte Personen“ erörtern.

Bei dem aktuellen Fortschritt der Impfungen und der Priorisierung der Personen- und Risikogruppen ist es fraglich, ob alle Kinder und Jugendlichen bis zum Sommer überhaupt ein Impfangebot erhalten haben bzw. ob Kinder und Jugendliche überhaupt geimpft werden.

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1 Weiterführende Information findet ihr hier >>>

Jede Datenverarbeitung (so auch das sog. Erheben von persönlichen Kontaktdaten der Teilnehmenden in Papier- oder Onlineformularen und die Weitergabe dieser Informationen an Dritte, wie z.B. die Gesundheitsämter) durch den Veranstalter von Freizeiten ist nur beim Vorliegen eines der Rechtfertigungsgründe des § 6 EKD-Datenschutzgesetz (DSG-EKD1) zulässig. Die Erhebung dieser Kontaktdaten ist nach § 6 Nr. 5 DSG-EKG erlaubt, da diese zur Organisation und Abwicklung der Freizeit erforderlich ist, also zur „Erfüllung eines Vertrages“ zwischen dem Veranstalter und den Teilnehmenden. Anders sieht es bei einer aufgetretenen Corona-Infektion von Teilnehmenden bei der Frage der Weitergabe dieser Daten im Rahmen einer Kontaktnachverfolgung an das Gesundheitsamt oder an andere Teilnehmende aus. Mit der Erfüllung eines Vertrages hat das nichts mehr zu tun. Neben einer Einwilligung der Teilnehmenden bzw. deren Sorgeberechtigten, wenn diese jünger als 14 Jahre sind (Eintritt der Religionsmündigkeit gemäß § 12 DSG-EKD) kommen als Rechtfertigung hierfür nach § 6 Nr. 1 und Nr. 6 DSG-EKD aber insbesondere die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung in Betracht. Eine solche findet sich in § 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. (Buchstabe) t Infektionsschutzgesetz, wonach dem Gesundheitsamt der Verdacht einer Erkrankung oder die Erkrankung an Covid19 zu melden ist. Aber auch aus § 6 Nr. 4 DSG-EKD (die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer sonstigen Aufgabe erforderlich, die im kirchlichen Interesse liegt) kann sich eine Erlaubnis herleiten lassen, ebenso wie aus § 6 Nr. DSG-EKD (die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen eines Dritten erforderlich, sofern nicht die schutzwürdigen Interessen der betroffenen Person überwiegen), sofern die Motivation der Datenerhebung und der Datenweitergabe im Gesundheitsschutz der Teilnehmenden einer Freizeit liegt.

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1 Vgl. Kirchengesetz über den Datenschutz der Evangelischen Kirche in Deutschland unter https://www.kirchenrecht-ekd.de/document/41335# [Abruf 01.02.2021]

Ja, das ist möglich. Wenn es eine entsprechende behördliche Anordnung gibt, ist der Veranstalter sogar verpflichtet, diese bei seinen Angeboten umzusetzen (ähnlich der Maskenpflicht bei Gottesdiensten), andernfalls riskiert er, selbst mit einem Bußgeld belegt zu werden. Der Veranstalter kann auch dann, wenn er bei der Umsetzung von Schutz- und Hygienemaßnahmen frei ist, das Tragen von Gesichtsmasken in bestimmten Situationen verpflichtend vorschreiben, z.B. bei der gemeinsamen Anreise in einem Kleinbus, innerhalb von bestimmten Räumen etc. Wenn diese Anordnung sachlich begründet ist und nicht dazu führt, dass die Freizeit dadurch eine völlig andere „Qualität“ erhält (rechtlich wäre dies eine wesentliche Änderung der Reiseleistung), müssen Teilnehmende dies akzeptieren. Das gilt insbesondere dann, wenn sich der Veranstalter bereits in der Reiseausschreibung oder in den Teilnahmebedingungen vorbehält, in bestimmten Situationen das Tragen einer (bestimmten) Maske zu verlangen.

Die Vielzahl denkbarer gesetzlicher und vertraglicher Konstellationen schafft in der Praxis nicht nur bei kirchlichen Gliederungen nicht selten eine gewisse Unkenntnis der Sach- und Rechtslage und damit verbunden eine Verunsicherung über den Umfang der eigene Rechte. Hinzu kommt, dass die Touristikveranstalter gelegentlich sehr massiv auftreten, zweifelhafte Forderungen mit dem Eindruck einer Rechtssicherheit erheben und sich die Vertragspartner hier nicht auf Augenhöhe begegnen. Um dieses Informations- und Handlungsdefizit auszugleichen, kann es für kirchliche Gliederungen sehr sinnvoll sein, rechtzeitig rechtliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Diese kann im Einzelfall darin bestehen, Beratungsleistungen lediglich im Hintergrund zu erhalten, um die Korrespondenz mit den Vertragspartnern rechtlich aufgeklärt und selbstbewusst weiterhin selbst zu gestalten. Bei verfahrenen Verhandlungssituationen oder wenn begründete Ansprüche vom Vertragspartner nicht erfüllt werden (z.B. Rückerstattung von Zahlungen), kommt auch die außergerichtliche oder gerichtliche Vertretung in Betracht.

Die Kosten anwaltlicher Tätigkeit berechnen sich entweder nach dem sog. Gegenstandswert, das ist der Geldbetrag (z.B. geforderte Zahlung des Reisepreises oder einer Rückerstattung) um den es im Einzelfall geht oder nach dem Zeitaufwand; hier wird dann in der Regel ein Stundensatz vereinbart. Diese Kosten können Anwält*innen zunächst von den kirchlichen Gliederungen als den Auftraggebern verlangen. In bestimmten Konstellationen kommt eine Kostenerstattung durch die Gegenseite in Betracht, etwa dann, wenn die Beauftragung von Anwält*innen erforderlich war, weil der Vertragspartner begründete Ansprüche nicht erfüllt hat. Bestehende Rechtsschutzversicherungen übernehmen ebenfalls Beratungs- und Vertretungskosten, gelegentlich aber nur bis zu einer bestimmten Höhe und/oder mit einer vertraglichen Selbstbeteiligung.

Behördliche Auflagen haben, sofern es sich dabei nicht um ein generelles Einreise- oder Beherbergungsverbot im Zielland handelt, erst einmal keine unmittelbare Auswirkung auf die gebuchte Leistung, denn die Unterkunft im Zielgebiet darf nach wie vor Gäste beherbergen und das Busunternehmen nach wie vor Passagiere dorthin befördern. Wenn vom Zielland ein Impfnachweis als Einreisevoraussetzung verlangt wird, schließt das nur diejenigen Reisenden von der Einreise aus, die diesen Nachweis (noch) nicht besitzen. Grundsätzlich gilt, dass es nicht das Risiko des Leistungsträgers ist, ob die gebuchten Gäste/Passagiere die notwendigen Einreisevoraussetzungen (wie z.B. auch ein Visum) besitzen oder nicht. In der Regel weiß der Unterkunftsbetrieb oder das Busunternehmen ja auch gar nicht, wie sich eine Reisegruppe zusammensetzt. 

Trotzdem ist zu differenzieren. Wenn es sich um eine von der kirchlichen Untergliederung als Reiseveranstalter angebotene Pauschalreise (also bestehend aus z.B. Beförderung und Unterkunft mit Verpflegung vor Ort) handelt, stellt diese behördliche Einreisevoraussetzung einen „unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand“ nach § 651 h Abs. 3 BGB dar, der die Durchführung der Pauschalreise für die hiervon betroffene Person erheblich beeinträchtigt bzw. ganz unmöglich macht. Der/die Teilnehmer*in kann also gegenüber der kirchlichen Untergliederung von der Buchung zurücktreten und hat Anspruch auf Erstattung des Reisepreises. Das gilt unabhängig davon, ob die kirchliche Untergliederung die Pauschalreise bei einem Gruppenreiseveranstalter gebucht oder selbst aus Einzelleistungen (Gruppenunterkunft, Busfahrt etc.) zusammengestellt hat. Die kirchliche Untergliederung ihrerseits kann die gebuchte Pauschalreise gegenüber einem Gruppenreiseveranstalter aus demselben Grund und mit derselben Folge stornieren, wenn deutsches Pauschalreiserecht gilt. Wenn der Gruppenreiseveranstalter im Ausland sitzt und in seinen AGB unwidersprochen die Geltung nationalen Rechts vereinbar ist, gilt kein deutsches (Pauschalreise)Recht; es kommt dann auf die jeweilige nationale Rechtsordnung an.  

Wenn die angebotene Pauschalreise von der kirchlichen Untergliederung selbst zusammengestellt wurde, ist auf die einzelnen Leistungsverhältnisse das Pauschalreiserecht nicht anwendbar, sondern es gilt das für die jeweilige Leistungsart anwendbare Recht; das ist bei Beherbergungs- und Beförderungsverträgen in der Regel das Miet- oder Werkvertragsrecht. Wenn nun der in- oder ausländische Leistungsträger die gebuchte Leistung zwar anbieten darf und kann, der Kunde sie aber aufgrund behördlicher Reiseauflagen nicht in Anspruch nehmen kann, kommt es auf die vereinbarten Regelungen an, die meist in den AGB des Leistungsträgers enthalten sind. Zunächst muss der Leistungserbringer den Vertrag nicht selbst stornieren, denn er kann die Leistung ja erbringen. Wenn dann die kirchliche Untergliederung storniert, weil die gebuchten Teilnehmer*innen mangels Impfnachweis nicht einreisen dürfen, werden in der Regel zeitlich gestaffelte Stornogebühren anfallen.  Es wäre darauf zu achten, dass für derartige Umstände eine individuelle Regelung vereinbart wird, wonach im Falle einer Unmöglichkeit der Inanspruchnahme aufgrund behördlicher Einreisebeschränkungen im Zielland ein Fall der höheren Gewalt vorliegt, bei dem eine kostenfreie oder zumindest eine kostenreduzierte Stornierung möglich ist. Denn es wäre wohl auch unverhältnismäßig, den Leistungsträger, der für die Einreisebeschränkung ebenfalls nicht verantwortlich ist, ohne jede Vergütung für seine Vorkehrungen zu stellen. 

Verfasser der FAQs: Stefan Obermeier, Rechtsanwalt, München
Stand: 01.02.2021

Hinweis: Diese Zusammenstellung versucht, allgemeine Antworten auf die aktuell wichtigsten Rechtsfragen zu Freizeit- und Reiseangeboten kirchlicher Veranstalter und Träger und deren Untergliederungen zu bieten und ersetzt keine Rechtsberatung im Einzelfall.
Aufgrund der hohen Dynamik in der Sach- und Rechtslage rund um Reisen & Corona, aber auch wegen der vielschichtigen Möglichkeiten einzelner Vertragsgestaltungen in diesem Bereich, kann der Verfasser - trotz sorgfältiger Recherche und Darstellung - keine Garantie für die stete Richtigkeit der hier gegebenen Hinweise übernehmen.